BNN Mittelbaden / Bühl / Rheinmünster
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von Frank Vetter

Die Söllingen Swingers feiern beim Tanzabend in Rheinmünster mit Square Dance-Fans ihr Jubiläum.
Zum immateriellen Erbe der kanadischen Streitkräfte in der Region gehört der Square Dance. Die Söllingen Swingers Germany feierten nun ihr 60-jähriges Bestehen.

Special Club Night der Soellingen Swingers in der Rheingoldhalle in Soellingen mit Caller Gerry Kuhn
Gerry Kuhn hat als Caller der Söllingen Swingers die Aufgabe, die Figuren in den Tänzen anzusagen.

Am Freitagabend streben immer wieder Frauen mit auffallend großen, voluminösen Taschen vom Parkplatz in Richtung Eingang der Rheingoldhalle. In den Taschen transportieren sie mehrlagige Petticoats, die zum Outfit des Square Dance gehören. Die Frauen und ihre Partner sind Gäste der „Special Club Night“, zu der die Söllingen Swingers eingeladen haben.

In der Halle bewegen sich bereits rund 30 Tänzerinnen und Tänzer in einem Formationstanz vor der Bühne. Auf der stehen zwei Männer, die mit einem entspannten, englischen Gesang die Square Dancer zu dirigieren scheinen. Das sind die Caller, wie der Betrachter noch lernen wird. Auch die für den Außenstehenden schwierig zu durchschauenden Tanzfiguren sollen im Laufe des Abends verständlicher werden.

Söllingen Swingers feiern auch Caller Gerry Kuhn
Über 100 Square-Dance-Fans sind es schließlich, die Ines Schmall, die neue Vorsitzende der Söllingen Swingers, zum Jubiläums-Tanzabend begrüßt. Am Freitag feiern die Swingers auch Gerry (Gerald) Kuhn. Er ist seit 40 Jahren als Caller in der Szene unterwegs, seit 2006 bei dem Söllinger Verein.

1960 gründeten kanadische Armeeangehörige den Square Dance Club. Das Emblem des Vereins zeigt zwei Tänzer, die umrahmt von den Schwarzwaldbäumen tanzen: sie in einem roten, Dirndl ähnlichen Kleid, er in kurzen Hosen und Tiroler Hut mit Gamsbart. Dass auf der Airbase Square Dance praktiziert wurde, bekamen natürlich auch die Deutschen mit und zeigten Interesse.

1968 öffneten sich die Kanadier für ihre deutschen Gastgeber, allerdings durften damals nicht mehr als fünf Prozent der Teilnehmer deutsch sein, erzählt Ines Schmoll. Sie muss es wissen, ihre Eltern waren von Anfang an dabei. Die Vorsitzende selbst ist seit 50 Jahren begeisterte Square Dancerin.

Nach dem Abzug der Royal Canadian Air Force 1991 stand die Zukunft der Swingers in Frage. „Trudi und Chase Hancock schrieben damals die Kanadier an, ob wir Name und Vereinswappen übernehmen dürfen“, blickt Ines Schmall zurück. Sie durften und so erfolgte der Eintrag des Söllingen Swingers Square Dance Clubs in das Vereinsregister. „In Baden-Württemberg gibt es 75 Vereine, 499 in Deutschland“, unterstreicht sie.

Tanzabend der Söllingen Swingers: Was ist beim Square Dance wichtig?
Der Square Dance ist ein amerikanischer Volkstanz, der sich aus europäischen Volkstänzen, die Auswanderer in der Gründungszeit Amerikas mitgebracht hatten, entwickelte. Verschiedene Länder, Sprachen und Tänze. Es entstanden neue Figuren, Formationen, und um die Tänzer unterschiedlichster Herkunft zu koordinieren, gab es irgendwann einen Ansager, die Geburtsstunde des Callers.

Seine Aufgabe ist es, die aneinander gereihten Figuren in den Tänzen in immer verschiedenen Kombinationen zu callen. Das sind die rhythmischen Ansagen, mit der Zuschauer den Square Dance verbindet. Wenn der Ansager zur Musik singend die Figuren ansagt, heißt das „Singing Call“, es grooved.

Getanzt wird in Gruppen zu je vier Personen, die zu Beginn ein Quadrat, englisch Square, bilden. Es folgen Schrittfolgen, Drehungen, Passagen, Unterhaken und Wechseln des Partners. Formationstanz eben. Der Clou beim Square Dance ist, dass der Caller die Tänzer am Schluss des Songs wieder in die Ausgangsposition dirigiert haben sollte.

Die „Amtssprache“ beim Square Dance ist Englisch, die Figuren heißen überall auf der Welt gleich. 78 Figuren müssen Square Dancer beherrschen. Sechs bis acht Monate brauche es, bis die sitzen, sagt Ines Schmall. Der Verein bietet dazu Kurse in der Rheingoldhalle an.

Die Vielzahl der Figuren erfordert neben Rhythmusgefühl auch viel Konzentration. Das sei es auch, was viele Dancer so schätzten. „Das ist wie Urlaub. Du hast keine Zeit, dir über etwas anderes den Kopf zu zerbrechen“, sagt Ines Schmall. Mittänzerin Ellen beschreibt ihre Faszination so: wenn die Gruppe funktioniere, im Rhythmus sei, dann komme man in den Flow. „Da kannst du dann schon mal drei Stunden am Stück tanzen, das ist toll“, schwärmt sie.

Die Aufgabe des Callers beim Square Dance
Dass die Dancer in den Flow kommen, ist die Aufgabe des Callers. Er gibt die Figuren vor, die Choreografie eines Tanzes. „Das Spiel mit der Choreografie ist das Faszinierende“, so Gerry Kuhn, der mit 16 Jahren seinen ersten Kurs in einer Caller School absolvierte. Am Freitag steht er im weißen Hemd auf der Bühne der Rheingoldhalle.

Mit Square Dance verbindet der Laie stets Country-Musik. Die läuft am Freitagabend auch immer wieder. Dazwischen jedoch meint der unbedarfte Beobachter etwas ganz anderes erkennen zu können. Tatsächlich, Gerry callt zu einem Arrangement von Michael Jacksons „The way you make me feel”. Auf dem Dancefloor strahlen die Dancer und die Petticoats drehen sich.